Alles, was Recht ist

„Radfahrer sollten sich auch an die Regeln halten,“ spricht der Stammtisch – und weiß dabei oft nicht einmal, wie diese eigentlich lauten. Anbei ein paar verbreitete Irrtümer und ihre Klarstellung.

1. Radfahrende gehören auf den Radweg

Falsch! Im Regelfall können sie selbst entscheiden, wo sie lieber fahren möchten. Nur Radwege, die mit dem runden blauen Verkehrsschild samt weißem Rad gekennzeichnet sind, müssen genutzt werden.

§ 2 Abs. 4 Satz 2 StVO: Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237 (Radfahrer), 240 (Gemeinsamer Fuß- und Radweg) oder 241 (Getrennter Rad- und Fußweg) angeordnet ist.

2. Kopfhörer sind verboten

Nein, Musikhören ist auch beim Radfahren erlaubt. Man darf die Lautstärke nur nicht so weit aufdrehen, dass die eigene Wahrnehmung eingeschränkt wird, also etwa Hupen oder Sirenen nicht mehr gehört werden. Das Gleiche gilt übrigens auch für Autofahrer – rollende Diskotheken entsprechen nicht der Straßenverkehrsordnung.

§ 23 Abs. 1 Satz 1 StVO: Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden.

3. Nebeneinander fahren geht gar nicht

Doch! Zumindest in Fahrradstraßen ist das explizit erlaubt, ebenso wie in Verbänden von mindestens 16 Radfahrenden. Einige Verkehrsrechtsexperten gehen sogar noch einen Schritt weiter und erklären, warum auch auf anderen Straßen nebeneinander Rad gefahren werden dürfe: Schließlich sollen Radfahrende einen Meter Abstand von der rechten Fahrbahnkante halten, um jederzeit möglichen Gefahren ausweichen zu können. Gleichzeitig müssen Autofahrer einen Abstand von 1,5 Metern beim Überholen einhalten und dürfen die Geschwindigkeitsbegrenzung auch während des Überholvorgangs nicht überschreiten – korrektes Überholen ist somit auf den meisten Straßen ohnehin nicht möglich, weshalb Radfahrende auch nebeneinander fahren könnten. Sie behindern damit ja niemanden.

§ 2 Abs. 4 Satz 1 StVO: Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden“ (Paragraph 2, Absatz 4)

§ 2 Abs. 5 Satz 1 StVO: Überholen darf nur, wer übersehen kann, dass während des ganzen Überholvorgangs jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist. Überholen darf ferner nur, wer mit wesentlich höherer Geschwindigkeit als der zu Überholende fährt.

4. Rechts Überholen ist Verboten

An Ampeln oder im Stau dürfen Autos sehr wohl rechts überholt werden. Die Angst der Autofahrer um ihren Lack und Außenspiegel ist dabei meist unbegründet – schließlich verhindern Radfahrende schon aus eigenem Interesse jeden direkten Kontakt. Denn was beim einen nur der Spiegel ist, wäre beim anderen der eigene Körper. Die von Kfz-Lenkern gerne erhobene Forderung nach „gleichem Recht für alle“ entbehrt auch hier einer logischen Grundlage: Überholt ein Kraftfahrzeug ein Fahrrad, sind beide in Bewegung. Rollt ein Rad am Kraftfahrzeug vorbei, steht letzteres sicher auf seinen vier Rädern und stellt keine Gefahr dar.

§ 5, Abs. 8 StVO: Ist ausreichender Raum vorhanden, dürfen Rad Fahrende und Mofa Fahrende die Fahrzeuge, die auf dem rechten Fahrstreifen warten, mit mäßiger Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht rechts überholen.

5. Gehwege sind nur zum Gehen da

Nein, Kinder bis acht Jahre müssen sogar auf dem Gehweg fahren – und dürfen dabei von einem erwachsenen Menschen (etwa der Mutter) begleitet werden.

§ 2, Abs. 5 StVO: Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist.

Und sonst…

  • muss beim Abbiegen nicht die ganze Zeit der Arm raus gehalten werden. Einmal Richtungsänderung anzeigen reicht – danach kann entspannt mit beiden Händen am Lenker weitergefahren werden.
  • dürfen auch Zebrastreifen mit dem Rad befahren werden. Sie sind dann lediglich kein Schutzbereich mehr. Steigt der Mensch vom Rad und schiebt selbiges, wird er zum Fußgänger und hat Vorrang.
  • dürfen Hunde an der Leine mitgeführt werden. § 28 (1) Haus- und Stalltiere, die den Verkehr gefährden können, sind von der Straße fernzuhalten. Sie sind dort nur zugelassen, wenn sie von geeigneten Personen begleitet sind, die ausreichend auf sie einwirken können. Es ist verboten, Tiere von Kraftfahrzeugen aus zu führen. Von Fahrrädern aus dürfen nur Hunde geführt werden.
  • dürfen auch Radfahrer nicht unbegrenzt Alkohol trinken. Ab einer Promillegrenze von 1,6 kann die Polizei eine „Medizinisch-Psychologische Untersuchung“ (MPU) anordnen. Verweigert ein Radfahrer den Test oder fällt durch, verliert er seinen Führerschein.

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